Freitag, Juli 20, 2007

Erneut spektakuläres Filmfonds-Urteil:

OLG München verurteilt Mario Ohovens Cinerenta GmbH zum Schadensersatz wegen Kapitalanlagebetruges. Verlustrisiko im Verkaufsprospekt Cinerenta III wissentlich verharmlost.

Das Oberlandesgericht München hat am 18.7.2007 die Cinerenta Gesellschaft für Internationale Filmproduktion mbH (kurz: Cinerenta GmbH) wegen Kapitalanlagebetruges (§ 264 a StGB) zum Schadensersatz in Höhe von ca. 40.000,- EUR an einen Anleger der Cinerenta III. KG verurteilt (20 U 2052/07). Das Oberlandesgericht München hält den Verkaufsprospekt der Cinerenta III. KG für falsch, weil er nur in irreführender und verharmlosender Weise über die Verlustrisiken informiert und hat die Prospektherausgeberin Cinerenta GmbH (60%-Gesellschafter: Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft) für den Prospektfehler verantwortlich gemacht.

Der Anleger hatte sich im Jahre 1999 mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 100.000,- DM + 5 % Agio an dem Filmfonds Cinerenta III KG beteiligt, weil ihm die Beteiligung als abgesicherte Anlage verkauft worden war. Im Verkaufsprospekt wurde das maximale Verlustrisiko mit 21,64 % dargestellt, der Rest sei durch eine Erlösausfallversicherung abgesichert. Diese sollte bei einer namhaften Versicherungsgesellschaft abgeschlossen werden. Diese würde einspringen, falls die Filme weniger Erlöse als die investierten Produktionskosten einspielen würden. Es stellte sich jedoch heraus, dass die vermeintlich namhafte Erlösausfallversicherung eine Briefkastenfirma in Panama war, gegen deren Geschäftsführer bereits strafrechtlich ermittelt wurde. Die Filme floppten und die versprochenen Erlöse konnten an die Anleger nicht ausbezahlt werden.

Prominente Namen wie Mario Ohoven (Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft), der nicht nur Mehrheitsgesellschafter der Prospektherausgeberin Cinerenta GmbH ist, sondern auch mit seiner Investor Treuhand GmbH den Vertrieb übernommen hatte, und der Münchner Rechtsanwalt und Steuerexperte Prof. Dr. Alexander Hemmelrath, dessen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Contor als Treuhänder und Mittelverwendungskontrolleur fungierte, verliehen dem Fonds den Anschein besonderer Seriosität.

Das Oberlandesgericht München kommt nun in seiner jüngsten Entscheidung zu dem Ergebnis, dass der Prospekt der Cinerenta III dem durchschnittlichen Anleger den unzutreffenden Eindruck vermittelt, er gehe nur ein begrenztes Risiko ein. Etwaige beiläufige Risikohinweise, wie z.B. dass nur im Extremfall beim Zusammentreffen mehrerer Risiken ein Verlustrisiko bestünde, hielt das OLG München nicht für ausreichend. Der Leser des Prospektes werde durch den ständigen Hinweis auf Risikobegrenzung systematisch irregeführt. Der Geschäftsführer der Cinerenta GmbH habe zum Zeitpunkt der Prospekterstellung bereits gewusst, dass die Platzierung einer Erlösausfallversicherung nur noch über englische Broker bei der Panamesischen NEIS möglich gewesen sei und habe dennoch derart verharmlosende Prospektaussagen zugelassen.

Bislang waren bereits zahlreiche Klagen von Cinerenta-Anlegern mit der Argumentation abgewiesen worden, der Prospekt sei nicht falsch.

Die auf die Vertretung geschädigter Filmfondsanleger spezialisierte Rechtsanwältin Katja Fohrer aus der Münchner Kanzlei Mattil & Kollegen freut sich über ihren Erfolg: „Endlich wendet sich das Blatt - irgendwann musste die Gerechtigkeit siegen! Dieses Urteil wird durchgreifende Auswirkungen auf alle anderen Klageverfahren haben, die geschädigte Anleger vor den Münchner Gerichten gegen die Verantwortlichen der Cinerenta Fonds führen, vor allem auf die Haftung des mehr als hundertfach verklagten Treuhänders, der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft des Herrn Hemmelrath. Auch ein Treuhänder muss die Anleger vorvertraglich über Prospektfehler aufklären. Darüber hinaus ist das Urteil auch auf die meisten anderen Filmfonds übertragbar, da dort sehr häufig das tatsächliche Verlustrisiko bewusst durch vermeintliche Absicherungsinstrumente verschleiert wurde.“

Die Kanzlei Mattil & Kollegen vertritt zahlreiche geschädigte Anleger der Cinerenta Medienfonds I bis V und führt vor den Münchner Land- und Oberlandesgerichten zahlreiche Klageverfahren, unter anderem gegen die Mittelverwendungstreuhänderin. Erst Mitte Mai hat sie etwa 100 weitere Klagen, die sich auch gegen Herrn Mario Ohoven persönlich richten, beim Münchner Landgericht eingereicht. Die Anleger werfen Herrn Ohoven außerdem vor, dass dessen Anlagevermittlungsfirma Investor- und Treuhand Beratungsgesellschaft mbH 20 % Vertriebsprovisionen erhalten habe, obwohl im Verkaufsprospekt nur Provisionen für die Eigenkapitalvermittlung in Höhe von 7 % + 5 % Agio vorgesehen gewesen seien.

Die Cinerenta Fonds I bis V haben in den Jahren 1997-2003 insgesamt über 450 Mio. EUR eingesammelt. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt gegen die verantwortlichen Funktionsträger der Cinerenta Fonds wegen des Verdachts des Betruges.

Erst am 14.6.2007 hatte der BGH in drei ausgewählten Fällen, die den Filmfonds Vif Babelsberger Filmproduktion GmbH & Co Dritte KG betrafen, und von der Kanzlei Mattil & Kollegen betrieben worden waren, entschieden, dass der Verkaufsprospekt falsch sei, weil dort das Verlustrisiko falsch dargestellt worden sei (III ZR 125/06, III ZR 300/05, III ZR 185/05). Auch dort waren zahlreiche klageabweisende Urteile der Münchner Richter (mehr als 80) vorausgegangen, in denen die Anlegerklagen abgewiesen worden waren. Die Münchner Richter hatten den Prospekt als richtig angesehen, da aus diesem ein möglicher Totalverlust ausreichend erkennbar sei.

Betroffene können sich der BSZ® e.V. Anlegerschutzgemeinschaft „Cinerenta" anschließen.

BSZ® Bund für soziales und ziviles Rechtsbewußtsein e.V.
Groß-Zimmerner-Str. 36 a,
64807 Dieburg
Telefon: 06071-823780
Internet: http://www.fachanwalt-hotline.de
Direkter Link zum Anmeldeformular für eine BSZ® Anlegerschutzgemeinschaft:
Dieser Text gibt den Beitrag vom 20.07.2007 wieder. Eventuelle spätere Veränderungen des Sachverhaltes sind nicht berücksichtigt

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